Die gute alte Bessie Williamson muss immer wieder herhalten wenn man einen bestimmten Blended Malt Scotch Whisky von Islay aus dem Fass erlöst. Manchmal teaspooned oder blended man, um die wahre Herkunft eines Malts zu verschleiern, oder man gibt ihm einfach einen neuen Namen, ohne den Ursprung eindeutig zu verraten. Bei Williamson steht zwar nicht Laphroaig drauf, obwohl man meinen könnte, dass es sich um einen Whisky aus ebendieser Destillerie handeln könnte. Der unabhängige Abfüller Best Dram hat nun (nach meinem Kenntnisstand) bereits den 3. Williamson abgefüllt – dieses Mal sind es 2 Hogsheads mit first fill Oloroso Finish. Das klingt spannend und lässt eine dunkle, dreckige und versalzene Suppe erwarten, wie ich meine.
Auch wenn diese Abfüllung erst seit kurzem verfügbar ist (Anfang Dezember 2022) ist es schlicht und ergreifend einfach nur traurig, dass sich die Whiskyindustrie binnen weniger Jahre wirklich unfassbar verändert hat: man bedenke, dass noch 2017 oder 2018 ein Laphroaig 10 cask strength edition für 55€ über den Ladentisch gegangen ist und heute ein unabhängig abgefüllter Blended Malt Scotch Whisky 100 oder mehr Euro kostet. Eigentlich ist das nicht mehr lustig!

Farbe:
Haselnuss
Nase:
Gleich zu Anfang kommt ein Schwall massiver Aromen – voll in die Fresse: Speckiger Rauch von mit Honig glasiertem Grillfleisch. Spareribs? Oder geselchter Speck. Auch Noten von dunklem Karamell mit groben Salzstücken. Und schließlich ganz unverblümt oder doch wie erwartet: sonnenverbrannte Kräuter, noch mehr Kräuter, viel mehr Kräuter. Grobes Meersalz. Sirup oder einfach mit Honig glasierte Spareibs a la american BBQ. Intensiv!
Gaumen:
Massiver Holzrauch – von groben halbverbrannten Holzscheiten aus dem Kamin. Auch Asche. Und wieder klare Noten von Kräutern: Thymian, Lorbeer, Wacholder, Salbei. Alle davon in der Sonne getrocknet und in der Hand zerrieben. Das alles ist gepaart mit grobem Meersalz – das ist eine unverkennbare maritime Islay-Südküstenaromatik. Es folgt eine speckige, rauchige Süße – gibt es sowas? Spareribs american BBQ style eben! Die Süße bleibt stark am Gaumen hängen, äußert sich in Noten von Salzkaramell. Tannenhonig und stark gezuckertem Schwarztee. Insgesamt dominieren grobes Salz, sonnengetrocknete Kräuter, Tannennadeln, glasierte Früchte, Sirup und BBQ vom Feinsten. Der Rauch ist omnipresent.
Abgang:
Total maritim, rauchig, süß und kräuterbelanden. Seafood – Krustentiere, Fleisch – surf & turf!
Kommentar:
Grobe, dunkle Suppe! Seafood gepaart mit Honig und Fleisch. Eine Mischung aus einem dunklen Arran aus dem Sherryfass und Laphi 10 CS – ultra maritim, fruchtig und speckig und mit vielen bekannten Kräutern.
Empfehlung:
Wer es gerne jung und dreckig hat – ja, unbedingt. Wer gerne ausdrucksstarken und maritimen Whisky im Glas hat, auch unbedingt! Der Preis ist zwar der derzeitigen Marktsituation angepasst, aber nicht witzig!
Spruch:
surf & turf und american BBQ
Preis:
ca. 100€ (AT/DE – 12/2022
Whiskybase:
Williamson 2014 BD