Ein Guyana-Duo aus 2004 (WhB/SMWS)

Manchmal kommt man ganz unschuldig zum Handkuss und bekommt zwei Abfüllungen zur Hand, die eigentlich beide nicht konkret als Zielkauf geplant waren. Spannend wird es, wenn die beiden Flaschen miteinander verglichen werden und es sich herausstellt, dass es sozusagen „Geschwister“ sind.

Heute im Glas 2 Rums aus Guyana aus der letzten verbliebenen Wooden Coffey Still. Beide destilliert im Juli 2004 und schließlich in die Hände unterschiedlicher unabhängiger Abfüller geraten. Das Mark der Whiskybroker-Abfüllung mit MDXC ist bestätigt, das Mark der SMWS-Abfüllung ist zwar nicht bestätigt, da aber der Abfüller ausdrücklich darauf hinweist, dass dieser bestimmte Rum in der letzten verbliebenen „Wooden Coffey Still“ gebrannt wurde, liegt es sehr nahe, dass beide aus dem gleichen Batch stammen und das Mark ident ist!

Einen detailreichen Bericht über Guyana und seine Rum-Tradition mit allen möglichen Details kann man hier nachlesen – für Experten und die, die es werden wollen!

Zufall pur: gleiches Datum, gleiches Mark (?), unabhängig abgefüllt

SMWS R2.7 „Pleasing and teasing“ Diamond Distillery, Enmore, Wooden Coffey Still, Mark (?), 13yo, 07/2004, 63,4%

Nase:
Floral, Asphalt, Teer, Esther-Noten (Ananas, Grapefruit, Kiwi, Banane), Orangen- und Limettenschalen, brauner Zucker, Sauerteigbrot, Roggen, weißer Pfeffer, Menthol, frische Eiche, weit entfernt fleischige Noten, Teer/Asphalt.

Gaumen:
Sehr würzig, trocken, kräftig und prickelnd. Auch süß. Floral, grünes Holz, Bambus, Baumrinde, Esther-Noten (Ananas, Grapefruit, grüner Apfel), Limettenschale- und frisch gepresster Saft, trocken, adstringierend, sauer? Mit Wasser entwickeln sich eine cremige Süße und angenehme florale Noten.

Abgang:
Trocken, würzig, süß. Limettenschale, Esther-Noten. Floral (Gras, Baumrinde, Bambus).

Kommentar:
Das Barrique (2nd fill french oak) hat hier ordentliche Arbeit geleistet – wuchtig. Süß, floral, leicht sauer. Esther-Noten sind präsent.

Diamond Distillery, Guyana, Enmore, Wooden Coffey Still, 07/2004, 12yo, MDXC, 63,5%

Am Label: just Guyana 12yo, der Rest muss genau recherchiert werden …

Nase:
Gegrilltes Steak, American Sauce, Bratensaft und viel Café, eigentlich Kaffeesatz. Poliertes Holz, Chesterfield-Sessel, Bibliothek – verstaubte Bücher. spät aber doch: Esther-Noten (Quitte, Grapefruit, Limette, Apfel) und Nüsse / Trailmix. Kirschsaft. Ein Hauch Rauch. Mehr Eiche. Staubig. Dezent medizinische Noten, Tape. Gummi.

Gaumen:
Ölig, fruchtig, würzig und sehr gehaltvoll! Ingwer, Pfeffer und ordentlich Wums! Umami, Steaksauce, Brandy, Kirschlikör, Lederpolitur, Chesterfield-Sessel und Eiche satt. Gravy (Bratensauce) mit Brandy. Und dann doch Esther-Noten, aber unaufdringlich (Ananas, Grapefruit, Limette), floral und wieder Asphalt/Teer, Gummi, Rauch. Tape, Iod? Mit Wasser nach wie vor wuchtig aber ein klein wenig ausgewogener, leicht salzig und ölig.

Abgang:
Schwer: fruchtig, würzig. Eiche, Leder, Politur, Rauch, Teer und Esther-Noten – alles da!

Kommentar:
Hui! Schwer, gediegen, tiefgründig! Echt fett.

Resümee:
Zwei Rums wahrscheinlich aus dem gleichen Batch. Gleiches Monat und Jahr, gleiche Still, gleiche Herkunft – aber: unterschiedlich alt (12yo bzw. 13yo) und unterschiedlich gelagert (Barrel/Oak bzw. 2nd fill Barrique). Das Ergebnis ist einerseits erstaunlich und andererseits offensichtlich: zuerst offenbart sich ein unterschiedliches Profil aber schlussendlich finden sich ähnliche Esther-Noten, florale Akzente und auch Teer, Gummi oder Rauch. Spannend. Subjektiv betrachtet gefällt die Broker-Abfüllung besser. Aber ist es nicht oftmals so, dass voll in die Fresse besser ankommt, als subtil und ein bisschen tiefgründig? Jedem das Seine – Geschmack und Sensorik ist total subjektiv!!

Preis:
SMWS ca. 70 GBP (01/2019) und Broker ursprünglich 45 GBP (01/2019 ca. 65€).